Geschichtliches

Pirner – Fichtenhof (genannt Fichtenbauer oder Interbauer)
Die Familie Pirner in Fichtenhof ist eine der ältesten Bauernfamilien im Sulzbacher Gebiet. Leider kann nicht mehr festgestellt werden, wie lange die Familie den Hof besitzt, da die urkundlichen Quellen dafür fehlen. Nach der mündlichen Überlieferung der Familie wären es über 700 Jahre. Tatsächlich tauchen die Pirner erst viel später in den Urkunden des Amberger Staatsarchivs auf. Das momentan älteste Dokument über die Pirner stammt aus dem Jahre 1562, als es um einen Weidestreit der Fichtenhofer Bauern mit den Schnellersdorfer Bauern ging. Hier wird erstmals „Michael Birner, Bauer zu Vichtenhoff“ erwähnt. Ein weiteres Dokument aus dem Jahre 1638 berichtet, dass die Vorfahren des Hans Pirner diesen Hof weit über 100 Jahre inne haben, nennt aber keine genaue Jahreszahl. (Pfalz-Sulzbach, Regierung, Sulzbacher Akten, Nr.28/52). Hier könnte es sein, dass es sich um den Besitzer des Iberbauernhofes handelt. Danach wäre der Fichtenhof Hof bereits kurz nach 1500 geteilt worden. Da der Iberbauer vom Interbauern abstammt, ist ja damit dennoch indirekt die Existenz des Interbauern bestätigt. Die Pirner sind und waren große Bauern. Sie hatten bis Michelfeld ein Hutrecht, mit dem sie Schafe hüten durften. Daher stellten sie Schäfer an, die diese Aufgabe für sie übernahmen. Sie selbst werden auch in den Kirchenbüchern „Schafmeister“ genannt. Das Hutrecht wurde ihnen allerdings genommen, als ein Schafbock eine Frau bei Welluck mit seinen Hörnern tot stieß. Als Überbleibsel dieser Schafzucht besitzt der Fichtenbauer noch sehr seltene runde Kalksteinsäulen aus dem 18. Jahrhundert , die für den Weidezaun der Schafe benutzt wurden. Sie tragen eine eingravierte Jahreszahl, die leider unleserlich geworden ist. Die Familie war Untertan der Breitensteiner, die 1666 ausstarben. Einmal, so berichtet die Familientradition, war ein Breitensteiner Herr sehr krank. Bauer Pirner war sehr erfahren in Heilkräutern und mischte ihm aus Kräutern einen Trank. Und siehe da: der Breitensteiner wurde gesund. Aus Dankbarkeit schenkte ihm der Breitensteiner ein Stück Wald (Hölzlbühl), das noch heute in ihrem Besitz ist. Ebenso bekam er den Fichtenhof als Lehen, der ihm als Erbhof überlasen wurde.

Ein andermal war der Breitensteiner Herr auf der Flucht vor den Feinden. Der Fichtenbauer versteckte ihn in seinem Schäferkarren, wo ihn die Feinde nicht fanden. Aus Dankbarkeit durfte sich Bauer Pirner aus drei Sachen etwas aussuchen:
Zum einen bot er ihm das Gesamte Hölzlbühl an. Das nahm er nicht, weil er zum einen schon so viel Wald besaß. Zum anderen hätte es zu Streitereien mit den Bauern geführt, die Holzrecht in diesem Wald besaßen.
Zum anderen konnte er Steuerfreiheit wählen.
Zum dritten bot ihm der Breitensteiner einen goldenen Becher an.
Den nahm er. Leider wurde er von ihm oder einen seiner Nachfahren „versoffen“. Die Pirner wurden und werden auch heute noch „Fichtenbauer“ genannt, da Fichtenhof nur aus diesem Hof bestand. Ursprünglich stand auch ein Tagelöhnerhaus im Hofraum, das 1954 abgerissen wurde. Als der Hof vor dem Jahr 1574 zwischen den beiden Pirner-Brüdern aufgeteilt wurde, nannte man den Hofbesitzer manchmal zur Unterscheidung den „Interbauern“ (= unterer Bauer), den Hof seiner Bruders „Iberbauer“(= Oberer Bauer). Gebräuchlich ist jedoch der Name Fichtenbauer auch heute noch. Im Jahre 1866 wurde der Interbauernhof nochmals geteilt. Weil dieser Pirner ein Wirtshaus eröffnete, nannte man ihn den „Wirt“. Er besaß nur einen Sohn, der im Alter von 18 Jahren an einer Krankheit starb. Somit starb auch hier, wie beim lbernbauern der Name Pirner aus, während er am Stammhof bis heute weiter lebt. Da es in Königstein seit Jahrhunderten eine Kommunbrauerei gab, wurde auch beim Fichtenbauern Hopfen angebaut. Aus diesem Grund wurde 1919 das Haus aufgestockt und mit drei Dachböden versehen, um den Hopfen zu dörren bzw. zu trocknen. Im Bauernhof selbst gibt es viele Zeugen der Vergangenheit. So ist im Wohnzimmer ein Deckenbalken mit der Inschrift „1727“ zu sehen. Über dem Hauseingang befindet sich eine Tafel, die dem Original nachgeahmt wurde. Diese war beim Umbau des Hauses 1919 entfernt worden. Sie trägt den christlichen Spruch
„Beschütze Gott Hauß, Hof und Güter,
Laß Deine Gaben wohl gedeihn;
Laß theure Zeit und Ungewitter
Entfernt von unseren Gräntzen sein,
Verhüte Krieg und Hungersnoth
Und gieb uns Fried und täglich Brod.“
Darunter befindet sich die Inschrift „Johann Georg Pirner anno 1810“.

Des Weiteren befindet sich ein Steinstadel aus dem Jahre 1780 gegenüber dem Bauernhaus. Er war zur Zeit der Erbauung der zweitgrößte gemauerte Stadel ihn der Oberpfalz, was auf den großen Reichtum der Familie Pirner schließen lässt. Nur der Fürst von Thurn und Taxis besaß einen Größeren. Über dem Tor befindet sich ein Stein mit der allerdings fast unleserlichen Inschrift: „AB Andreas Birner“, darunter „I anno 1780 R“. Über der Inschrift findet sich nochmals eine Tafel mit dem Spruch:
„Wend alles Unglück ab in Gnaden
Du, lieber Gott, durch Deine Hand
Laß unsre Ernte wohl geraten
Und segne unser ganzes Land
Fahren wir dann die Früchte ein
So gib, dass wir Dir dankbar sein.“

In den Akten des Amberger Staatsarchives ist zu entnehmen, dass der Fichtenbauer im Dreißig-Jährigen Krieg im Jahr 1637 von der Verödung bzw. Insolvenz bedroht war. Das lag nicht nur an den Kriegszeiten, sondern auch am frühen Tod des Hofbesitzers Jacob Pirner im Alter von 31 Jahren. Er wurde am 16.September 1936 in Eschenfelden beerdigt, was ganz offensichtlich eine Tragödie und eine große Existenzbedrohung für den Interbauernhof von Fichtenhof bedeutete. Im Steuerakt aus dem Jahr 1637 ist zu lesen „…Jacob Pirner zum Viechtenhoff ist gestorben,…und der Hof mit großen Schulden, dass Hinterlassenschaft … keine Steuern…“ und im Akt Nr. 3257 wird ergänzt: „Jacob Pirner gestorben, jetzt der Hof ödt samt alls Vermögen, …kann jederzeit auch verkauft werden…“

Höchstwahrscheinlich hat dann der Bruder des Jacob Pirner den Hof übernommen und wieder in die Höhe gebracht. Bei dem Versuch, eine Ahnentafel für den „lnterbauern“ zu erstellen, stößt man auf größte Schwierigkeiten. Der Hof wurde weit vor 1574 zwischen zwei Brüdern geteilt. Daher hießen die Besitzer der zwei Höfe Jahrhunderte lang beide „Pirner“ mit Nachnamen. Zudem wohnte auf dem Hof des lnterbauern höchstwahrscheinlich zeitweilig noch ein Bruder des Bauern, der ebenso Pirner hieß und als Dienstknecht angestellt war. Manchmal wird er als „Hintersaß“ oder „Inmann“ bezeichnet. Da es bis vor 200 Jahren keine Hausnummern gab, lässt es sich vor dieser Zeit nur ganz schwer ermitteln, um welchen Hof bzw. um welchen Hofbesitzer mit Namen Pirner es sich sowohl in den Kirchenbüchern der ev. luth. Pfarrei Eschenfelden als auch in den Akten des Staatsarchives Amberg handelt. Diese Ahnenforschung über die verschiedenen Pirners auf beiden Höfen mit zeitweise sogar gleichen Vornamen hat mich bei der langjährigen Arbeit fast zur Verzweiflung getrieben. Daher können nicht alle Angaben bei der Ahnentafel stimmen. Ohne Zweifel steht jedoch fest, dass der Hof der Familie Pirner seit mindestens über 450 Jahren im Familienbesitz ist, was durch die Akten im Staatsarchiv und des Evang. Luth. Pfarramtes Eschenfelden dokumentiert werden kann. Von dieser Familie stammen die meisten Pirners, die im Markt Königstein sehr häufig vorkommen, ab, so z. B. die Familie Pirner in Gaißach (Louner) und Kürmreuth (Nickersn), der Bienerbauer in Bischofsreuth, die Spieß in Funkenreuth, sowie der Leschn-Reisn in Königstein und viele andere mehr. Daher können auch keine Angaben über die Anzahl der aus dem Geschlecht der Pirner hervorgegangene Nachkommen gemacht werden.

Bemerkenswert ist, dass der Name Pirner der häufigste Nachname im Markt Königstein darstellt. Da fast alle Pirner überwiegend männlichen Nachwuchs haben, ist deren Anzahl in den vergangenen Jahren enorm gestiegen . Eine nette kleine Begebenheit vom Fichtenbauern soll noch angemerkt werden:
Im Jahre 1922 sollte Fichtenhof an den Strom angeschlossen werden. Alles wurde vorbereitet und installiert. Im selben Jahr am 10. Oktober heiratete der Fichtenbauer Johann Pirner seine Braut Marie. An diesem Tag wurde ihm zur Ehre geplant, zum ersten Mal das elektrische Licht zu entzünden. Die Hochzeit fand damals im Hause des Brautpaares statt. Als die Hochzeitsgesellschaft abends in der guten Stube beisammen saß, ging plötzlich das Licht an. Freudig überrascht schrien die Gäste vor lauter Begeisterung laut auf. Das war damals eine absolute Sensation.

Heidi Kurz